Immer öfter auf dem Selbsterfahrungsprogramm gestresster Großstädter: Jodeln statt Yoga. Die textlose, zwischen Kopf- und Bruststimme wechselnde Gesangsart hat einen hohen Entspannungseffekt – laute Töne ohne große Kraftanstrengung einfach mal raushauen zu können, das befreit.
In Berlin-Mitte lehrt Jodel-Trainerin Doreen Kutzke Urban Yodeling, eine Art Freestyle-Jodeln: einfach mal richtig Dampf ablassen und sich von allen Zwängen befreien. Jodeln, wie es einem gefällt. Das wichtigste dabei – bloß nicht Nachdenken!
Was die wenigsten wissen: In vielen Ländern wird gejodelt. Doreen Kutzke sucht deshalb nach Jodel-Traditionen in aller Welt. In Weißrussland findet sie Stimmtechniken, die sich mit denen des Jodelns vergleichen lassen. Ein Kulturaustausch der besonderen Art.
Für Stimmtrainerin Ruth Seebauer ist Jodeln eine Art singender Kontrollverlust. In Bayern nimmt sie blutige Anfänger mit auf Jodel-Wanderungen und hat dabei noch jeden Teilnehmer zum Jodeln gebracht. Dazu setzt Ruth Seebauer intensive Aufwärm- und Lockerungsübungen ein, bis hin zur Zunge. Erst dann ist der Körper bereit für das archaische Erlebnis Jodeln.
In der Schweiz ist Jodeln bis heute eine Identität stiftende nationale Tradition, nicht nur zum Überwinden weiter Strecken, sondern auch zum Ausdruck von tiefer Trauer und ausgelassener Freude. Karin Niederberger ist die erste Präsidentin des Eidgenössischen Jodlerverbands. Sie möchte das Urtümliche und Echte am Jodeln bewahren. Auf großen Jodler-Festen muss ihr Jodelchor vor einer strengen Jury genauso bestehen wie der Rest der über 14.000 aktiven Jodler in der Schweiz.